Linnemann: „Jetzt ist wieder die Mitte an der Reihe“

Datum des Artikels 02.12.2016
Bund aktuell

Die MIT hat von der CDU ein Deutschlandpaket gefordert, das zu je drei Teilen Steuersenkungen, Investitionen und Maßnahmen zum Schuldenabbau vorsieht. Im Interview spricht MIT-Vorsitzender Carsten Linnemann über das Konzept, seine Wunschinvestitionen und die Aussichten auf dem CDU-Parteitag.

 

Herr Linnemann, Sie wollen das Thema Steuersenkungen auf dem CDU-Parteitag zum Thema machen. Wen wollen Sie entlasten und warum?

Carsten Linnemann: Wir wollen eine Grundsatzentscheidung darüber erreichen, wie wir in Zukunft mit dem Geld der Bürger umgehen. Ein Jahr vor der Bundestagswahl muss vom Parteitag das Signal ausgehen, dass jetzt wieder die Mitte der Gesellschaft an der Reihe ist. Denn die hart arbeitende Bevölkerung der Mittelschicht ist zuletzt viel zu kurz gekommen.

Woran machen Sie das fest?

Zum einen steigen seit Jahren die Belastungen bei Steuern und Abgaben. Vor allem gestiegene Lohnnebenkosten haben der Mittelschicht viel abverlangt. Der Spitzensteuersatz dagegen ist immer bei derselben Summe geblieben. Das führt dazu, dass die fleißige Mitte in diesem Land überproportional belastet wird.

Zum anderen gibt es auch eine gefühlte Abstiegsangst. Die Euro- und die Flüchtlingskrise hat zu einer Entfremdung der Politik von den Bürgern geführt und die politische Atmosphäre verschlechtert. Die Menschen sorgen sich um ihre Altersversorgung, den Arbeitsplatz oder den sozialen Abstieg. Viele Bürger, mit den denen ich spreche, sagen mir: „In unserem Land geht es nicht mehr gerecht zu.“ Deshalb brauchen wir ein Deutschlandpaket, das spürbare Entlastungen für die „echte“ Mitte bringt.

Ist für Entlastungen überhaupt Spielraum da?

Der Staat hat in den vergangenen Jahren so viele Steuern eingenommen wie nie zuvor. Das Steueraufkommen wird auch in den kommenden Jahren von Rekord zu Rekord klettern: von heute rund 700 Milliarden Euro auf über 800 Milliarden Euro im Jahr 2021. Das zeigt: Der Spielraum für Entlastung ist da. Es ist an der Zeit, dass der Staat den Bürgern etwas zurückgibt. Worauf wollen wir noch warten?

Trotzdem sind in Deutschland Tausende Brücken marode und es gibt Orte, wo jede zweite Schultoilette defekt ist. Ist das nicht dringlicher?

Genau da setzt unser Deutschlandpaket an. Steuersenkungen und Investitionen werden häufig gegeneinander ausgespielt. Entweder heißt es, es sei kein Geld da, oder es wird gesagt, Investitionen seien wichtiger. Damit muss endlich Schluss sein. Das Deutschlandpaket ist die Antwort für beides: Entlastungen und Investitionen. Zusätzlich sieht unser Konzept sogar noch Maßnahmen zum Schuldenabbau vor.

Wie soll das gelingen?

Das Deutschlandpaket setzt eine klare Aufteilung: Ein Drittel der Steuermehreinnahmen muss für eine Steuerstrukturreform verwendet werden, die alle Steuerzahler – vor allem mittlere Einkommen und Familien mit Kindern – entlastet. Das zweite Drittel soll in zusätzliche Investitionen in Infrastruktur, Innovation und Bildung fließen. Das verbleibende Drittel soll für unvermeidliche Ausgabensteigerungen und den Schuldenabbau verwendet werden.

Hinter dem ersten Drittel, den Steuersenkungen, verbirgt sich unser im August vorgestelltes MIT-Steuerkonzept. Wir fordern in drei Stufen zunächst die deutliche Anhebung des Werbungskostenpauschbetrags. In der zweiten Stufe wollen wir die Grenzsteuersätze bei unteren und mittleren Einkommen absenken und den Spitzensteuersatz weg vom Durchschnitt hin zu höheren Einkommen verschieben. Die dritte Stufe sieht die Anhebung des Grundfreibetrags für Kinder auf Erwachsenenniveau und eine Erhöhung des Kindergeldes vor.

Zurück zu den Investitionen: Welche sieht die MIT als vordringlich an?

Neben der Verkehrsinfrastruktur muss allen voran in die digitale Infrastruktur investiert werden. Die Digitalisierung treibt eine Zeitenwende in unserer Wirtschafts- und Arbeitswelt voran und ist entscheidend für unsere Wettbewerbsfähigkeit. Investitionen müssen daher zum Beispiel in den Aufbau des neuen 5G-Mobilfunknetzes und den Glasfaserausbau fließen. Es muss unser Ziel sein, bis 2025 alle Autobahnen und Bundesstraßen und mindestens die 20 wichtigsten Wirtschaftsräume an das 5G-Netz anzuschließen. Statt in rückständige Vectoring-Technologien müssen wir in Glasfaser investieren. Hier fordern wir als MIT schon lange, dass der Bund seine Telekom-Aktien verkauft und die Erlöse in einen Breitband-Fonds steckt. Gleichzeitig müssen wir unsere Schulen besser ausstatten. In einem Sonderprogramm „Digitales Lernen“ sollen bis 2022 alle Klassenräume mit Smartboards, Laptops für jeden Schüler und digitalen Bildungsangeboten für Fernunterricht ausgestattet werden. Auch hierzu haben wir einen Antrag zum CDU-Parteitag eingebracht.

Wie wollen Sie Ihre Partei davon überzeugen?

Dass die Spielräume für Entlastungen da sind, bezweifelt auch dank unseres Einsatzes als MIT kaum jemand. Sowohl unsere Parteivorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel als auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble haben Entlastungen in Aussicht gestellt. Die Grundbereitschaft in der Partei ist also da. Diese Bereitschaft wollen wir mit dem Deutschlandpaket konkret mit Leben füllen. Wir wollen nicht irgendwen entlasten, sondern die Mitte unserer Gesellschaft, und das nicht statt sondern zusammen mit Investitionen und Schuldenabbau. So machen wir unser Land fit für die Zukunft.  Es kommt jetzt auf uns als MIT an, vor und auf dem Parteitag für unser Konzept zu werben. Auf dem Parteitag werden wir symbolische Deutschlandpakete verteilen: ein kleines Paket mit unseren Forderungen und einer kleinen Überraschung.

Das Interview erschien in der Ausgabe 12/2016 des MIT-Mittelstandsmagazins.

 

CDU-Parteitag:

Der Bundesparteitag der CDU findet vom 6. bis 7. Dezember in Essen statt. Neben Antragsberatungen stehen Neuwahlen des Bundesvorstands und des Präsidiums auf dem Programm. Das in der Regel jährliche Treffen der 1000 Parteitagsdelegierten zieht noch einmal so viele Gäste, Journalisten und Aussteller an. Auch die MIT ist mit einem eigenen Stand vertreten (Foyer B in der Grugahalle).