Vordergründig ist die wirtschaftliche Lage im Kreis Gütersloh gut. Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze ist in den letzten zehn Jahren von 139.000 auf 180.000 angestiegen. Auch die Menge der Betriebe im verarbeitenden Gewerbe hat sich überdurchschnittlich gegenüber OWL, NRW und dem Bund entwickelt. Und das durchschnittliche Bruttogehalt von 43.633 Euro kann sich sehen lassen. Dennoch gibt es auch für den Kreis Gütersloh wirtschaftliche Kennzahlen, die zu Vorsicht, vielleicht Sorge Anlass geben.
Genau im Blick hat diese Zahlen Albrecht Pförtner, der Geschäftsführer der pro Wirtschaft GT GmbH, der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises. Eine Analyse der wirtschaftlichen Situation hat er jetzt bei der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung (MIT) der CDU im Kreis Gütersloh vorgestellt. Der MIT-Kreisvorsitzende Stefan Bierfischer hatte Pförtner zur Auftaktveranstaltung des neuen Formats „MIT-Wirtschaftsdialog“ ins Flussbett Hotel in Gütersloh eingeladen. Titel des Vortrags: „Der beste Kreis der Welt - Irrglaube oder Realität?“
„Auch im Kreis Gütersloh ziehen dunkle Wolken am Wirtschafts-Himmel auf“, erklärte Pförtner. „Bei der Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts liegen wir inzwischen unter dem OWL-Durchschnitt. Das Wachstum hat sich im vergangenen Jahr auf 1,8 Prozent verringert. Auch auf unsere Arbeitslosenquote von 4,1 Prozent sollten wir uns nicht allzu viel einbilden. In anderen Kreisen geht sie Richtung zwei Prozent. Wir kommen im Kreis Gütersloh nicht von unserer Sockelarbeitslosigkeit herunter. Hinzu kommt, dass bei den sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen nicht die qualifizierten Berufe, sondern mit einem Plus von 33,4 Prozent in den letzten vier Jahren, vor allem die Helfertätigkeiten stark zunehmen.“ Sorgen bereitet Pförtner auch das Ausmaß der Digitalisierung. „Laut einer aktuellen Studie liegt Deutschland hier weit hinten. Und der Kreis Gütersloh liegt noch ein Stück weiter zurück.“
Pförtner stellt außerdem fest, dass es im Kreis Gütersloh kein ausreichendes Bewusstsein für Gründer oder Startups gebe. Abgesehen von ein paar Coworking-Spaces sei kein Raum für solche innovativen Unternehmungen vorhanden. „Hier sind Bielefeld oder Paderborn besser aufgestellt“, so der Wirtschaftsförderer. Deutliche Verbesserungsmöglichkeiten sieht Pförtner auch bei den Ansiedlungs- und Erweiterungswünschen der Industrie. Ebenso müsse sich die Bildungslandschaft anders aufstellen, die Weiterbildungsquote sei dramatisch gering. Als Abhilfe schlägt er die Einführung eines Bildungsmonitorings vor. Eine weitere Baustelle sei die Willkommenskultur im Kreis, nicht nur gegenüber ausländischen Mitarbeitern, sondern auch gegenüber Arbeitnehmern aus anderen Gegenden Deutschlands. Pförtners Fazit lautet daher: „Angesichts dieser Entwicklungen müssen wir aufpassen, dass wir im Kreis Gütersloh nicht abgehängt werden.“
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