MIT:ERKLÄRT - Die Flexi-Rente

Datum des Artikels 04.08.2016

Die große Koalition hat sich auf ein Modell zum flexiblen Einstieg in die Rente geeinigt: die Flexi-Rente. Wie funktioniert sie und wer profitiert? Und wurde die Flexi-Rente nicht schon 2014 beschlossen?

Die Idee

Ideengeber der Flexi-Rente ist der Bundestagsabgeordnete und Bundesvorsitzende der MIT, Carsten Linnemann. Die Idee kam ihm während einer Japan-Reise 2013. Linnemann: „In Japan liegt die Regelaltersgrenze zwar auch bei 65 Jahren, das durchschnittliche Renteneintrittsalter aber bei fast 70. Die Japaner arbeiten gerne und freiwillig länger.“

Als die Große Koalition 2013/2014 über das Rentenpaket aus Mütterrente, Rente mit 63, Erwerbsminderungsrente und Reha-Leistungen diskutierte, beschloss der MIT-Bundesvorstand im Februar 2014, ein Konzept für einen flexiblen Renteneintritt zu entwerfen.

Das Ziel

Die Flexi-Rente soll es Arbeitnehmern und Arbeitgebern erleichtern, über das gesetzliche Renteneintrittsalter hinaus zusammenzuarbeiten. Das entscheidende Signal lautet: Wer freiwillig länger arbeiten möchte, dem soll der Staat keine Steine in den Weg legen. Der individuelle Übergang ins Rentenalter ist die richtige Antwort auf den demografischen Wandel und den Fachkräftemangel. Die Unternehmen sichern Arbeitsplätze und Know-how und der Staat generiert zusätzliche Steuereinnahmen.

Flexi-Rente I: arbeitsrechtlicher Teil

Am 23. Mai 2014 hat der Bundestag zusammen mit dem Rentenpaket die arbeitsrechtliche Grundlage der Flexi-Rente beschlossen. Dem Beschluss vorangegangen war das intensive Drängen der MIT um Carsten Linnemann, der seine Zustimmung zum Rentenpaket von der Einführung der Flexi-Rente abhängig gemacht hatte.

Damit fiel die entscheidende Hürde bei der Beschäftigung älterer Facharbeiter. Seit dem 1. Juli 2014 können Arbeitnehmer im Rentenalter auf Wunsch befristet weiterarbeiten – bei vollem Rentenbezug. Bis dahin konnte der Arbeitnehmer nur unbefristet weiter beschäftigt werden. Jetzt haben Arbeitnehmer zwei Möglichkeiten: Sie gehen in Rente und arbeiten zusätzlich weiter, oder sie arbeiten weiter und erwerben damit höhere Rentenansprüche.

Flexi-Rente II: sozialrechtlicher Teil

Mit der Einführung des ersten Teils hat der Bundestag eine Arbeitsgruppe eingesetzt, um die Flexi-Rente weiterzuentwickeln. Die Gruppe, der auch Carsten Linnemann angehörte, einigte sich im November 2015 auf ein Konzept. Am 11. Mai gaben die Koalitionsspitzen grünes Licht dafür. Die Eckpunkte:

Erreicht ein „Flexi-Rentner“ die Regelaltersgrenze und zahlt weiter in die Rentenkasse ein, so erhält er in Zukunft mehr Rente. Zusätzlich zu seiner Rente bekommt er einen Rentenbonus aus seinem Arbeitnehmer- und dem Arbeitgeberbeitrag. Weiterhin entfällt der verpflichtende Arbeitgeberbeitrag zur Arbeitslosenversicherung – schließlich kann der beschäftigte Rentner nicht mehr arbeitslos werden. Damit spart der Arbeitgeber Sozialabgaben. Ebenso wurden erleichterte Hinzuverdienstmöglichkeiten vereinbart, die komplizierte Berechnung von Teilrenten entfällt. Außerdem soll den Menschen durch eine klare und transparente Renteninformation aufgezeigt werden, wie sie vom längeren Arbeiten profitieren können.

Kosten

Die Flexi-Rente „kostet“ nichts. Im Gegenteil: Der Staat profitiert von Mehreinnahmen durch Steuern. Es ist eine Win-Win-Situation für alle: Der Staat profitiert von den Mehreinnahmen, der Arbeitgeber, weil er Fachkräfte behält und der Arbeitnehmer, weil er mehr verdient.

Wie geht es weiter?

Nach derzeitigem Stand wird das Kabinett den Gesetzentwurf im September beschließen. Der Bundestag soll ihn im September beraten und im Oktober beschließen, sodass das Gesetz ab 1. Januar 2017 in Kraft tritt. Hubertus Struck

Erschienen im MittelstandsMagazin, Ausgabe Juli/August 2016